gestern durfte ich unfreiwillig eine Erlebnisfahrt mitmachen, aber lest selbst:
12:40: Verlassen des elterlichen Hauses, um zum Bahnhof zu gelangen. Milde Temperaturen lassen die Schneepampe auf den Gehwegen antauen, mit so einem Rollenkoffer nicht gerade angenehm.
12:55: Fahrkartenkauf klappt schon mal, erste Hürde genommen

13:02: Nachdem am Vortag ein Freund 1,5 h von Ellwangen nach Aalen wegen Zugausfalls gebraucht hatte, hoffe ich auf einen pünktlich RE nach Crailsheim – das klappt schon mal – Hoffnung

14:12: Planmäßige Ankunft in Crailsheim, der Umstieg auf der RE nach Nürnberg klappt ebenfalls ohne Probleme.
14:35: Am Dombühler Einfahrsignal kommen wir außerplanmäßig zum Stehen und warten fünf Minuten lang, bis man uns reinlässt. Wir werden auf Gleis 1 geleitet, wo wir unseren planmäßigen Fahrgastwechsel durchführen. Einen Grund für die Führung über Gleis 1 kann ich von meinem Sitzplatz aus nicht erkennen. An der Einfahrt von Nürnberg her wartet bereits der sowieso schon verspätete IC nach Karlsruhe, der somit nochmals was draufbekommen hat.
14:55: Hinter Ansbach eine ungewohnte Zugdichte für mich, zwei-drei Züge mit n-Wagen sowie ein Güterzug kommen entgegen.
15:27: Fast pünktliche Ankunft mit +2 in Nürnberg, aber jetzt kommt ja erst der wirklich interessante Teil. Nachdem ich mich orientiert habe, auf welchem Gleis der RE nach Dresden fahren soll, geht es auf den kalten, aber zum Glück nicht zugigen Bahnsteig. Der RE nach Furth im Wald hat schon mal seinen Abfahrtsbahnsteig verändert, vom IRE aus Dresden ist noch nichts zu sehen, noch macht die Anzeige Hoffnung.
15:35: Es wird bekanntgegeben, dass der RE aus Dresden mit 25-minütiger Verspätung eintreffen soll, die Abfahrt um 15:48 würde sich um 5 Minuten verzögern. Etwas später fahren die S-Bahnen aus, das 143er-Sandwich beschleunigt eher gemütlich während die 185 mit ihren vier n-Wagen wohl das Maximum rausholt

15:46 RE trifft nun tatsächlich ein, er wird zum Bayreuther Zugteil. Um 15:48 trifft dann noch ein 612er ein, der zum Dresdner Zugteil werden soll. Bei der Belegung des Bahnsteigs kann es ja heiter werden, an den Einstiegen kommt es zum Gedränge, ich bin froh, dass ich überhaupt noch einen Platz im Gang bekomme. Meiner ist nicht der schlechteste, so vor der Glastür im engen Gang, da kann man sich schön querstellen.
16:00: Mit +12 verlassen wir den Nürnberger Hbf, das war zu erwarten. Bis Pegnitz läuft es ganz gut, es finden sogar noch insgesamt vier zusteigende Fahrgäste unterwegs Platz in unserem Tür- und Gangbereich. Mein Kofferneukauf vom Vortag erweist sich als taugliche Sitzhilfe. Quer zur Fahrtrichtung lässt es sich recht gut aushalten.
16:55: In einem Tunnel vor Kirchenlaibach kommen wir zum Stehen, der Motor verstummt, der sonst gar nicht wahrzunehmen war im sonstigen Geräuschpegel. Der Tf meldet sich „Wie sich vielleicht bereits festgestellt haben, ist nun auch der zweite Motor gestorben.“ Jetzt passt der Spruch eines Mitreisenden ganz gut: „Hamm mir etwas, was dia ned hamm? Schlechde Kardn“
17:00: Nach einigen Minuten erwacht der Motor doch wieder zum Leben und langsam setzen wir uns in Bewegung, um mit letzter Kraft gegen 17:10 Uhr noch Gleis 3 in Kirchenlaibach zu erreichen. Am Bahnsteig gegenüber wartet bereits ein 628, der als Anschluss für die Weiterreise zumind. Bis Marktredwitz durchgesagt wird.
17:35: Nachdem große Teile des 612ers in den 628 umgestiegen sind, setzt sich die RB mit gehöriger Verspätung in Bewegung, ein paar normale Fahrgäste für die Unterwegshalte sind auch noch dabei.
18:10: Meine Hoffnung auf ein Warten des Alex nach Hof auf uns erfüllt sich nicht, die Vogtlandbahn soll um 18:34 nach Hof fahren. Weil es eigentlich nix bringt, man könnte halt in Hof statt in Marktredwitz warten, bin ich noch am Überlegen und warte erstmal ab, wie voll es wird. Wäre immerhin ein etwas wärmeres Plätzchen als der Bahnsteig und die Bahnhofshalle.
18:36: Leicht verspätet trifft der Desiro ein, aber er ist eine pünktlich Ausnahme im Gegensatz zu allem anderen Angezeigten. Wie befürchtet wird es so voll, dass ich nicht mehr reinkomme und schaue mal vor in Richtung Führerstand, um noch etwas mit dem Tf das Gedränge an den Türen zu betrachten. Gegen 18:42 kann er sich dann endlich in Bewegung setzen, ein paar wenige bleiben zurück. Es wurde durchgesagt, der RE um 19:11 komme nur 15 Minuten nach der Vogtlandbahn an – noch wird er als pünktlich angezeigt.
19:06: Nach einem wärmenden Kaffee weiß die Anzeige nun endlich auch zu berichten, dass selbiger RE eine Verspätung von 70 Minuten haben soll. Klasse. Somit bleibt nur wieder die VGB um 19:34.
19:35: Auch wenigstens noch halbwegs pünktlich trifft der Desiro ein, ein paar wenige von vorhin sind noch übrig. Der RE nach Dresden soll +90 haben, so weiß es die Anzeige zu berichten. Im Zug ist es nur wenig wärmer als draußen, die Scheiben angefroren, die Heizung im Ausfall. Aber es zieht wenigstens nicht, außer, die Tür ist an einem der Zwischenhalte mal kurz offen.
20:10: Ankunft in Hof, hier wird der RE nur mit +60 angezeigt, interessant. Um 20:30 schließt Yorma´s und die Fahrgäste müssen entweder mit kaltem Bahnsteig oder etwas wärmerer Halle vorieb nehmen, wo die Anzeigetafel innen anderes weiß als die Anzeiger an den Bahnsteigen, die fast eh nur von ankommenden Zügen aus Nürnberg und Regensburg zu berichten wissen, mind. eine Stunde verspätet.
20:35: Nix mit RE nach Dresden, verschwindet von der Anzeigetafel. Nächste Hoffnung: RE nach Chemnitz, 20:40, nur 25 Minuten verspätet. Bahnland Bayern – Zeit für dich. Versuche die kalten Füße durch ein zweites Paar Socken zu wärmen, das hab ich wenigstens dank Reise zurück in die neue Heimat eh im Gepäck.
21:00: Auf dem Bahnsteig, auf dem der RE kommen soll, weiß die Anzeige nur, dass der Regensburger RE von Gleis 8a fahren soll. Keine Durchsage für Züge Richung Sachsen. Überlege mir, doch mal ein Auto zu kaufen und das Rauchen anzufangen – Saftladen.
21:10: Von anderen Fahrgästen ist zu hören, dass der RE 40 Min + haben soll, vllt. wird’s ja drinnen auch noch angezeigt, auf dem Bahnsteig jedenfalls nicht.
21:12: Von Gleis 2 wird herübergerufen, der RE fahre von Gleis 2, der Bahnsteig 4/6 leert sich.
21:16: Eine Durchsage informiert endlich mal, dass der RE nach Chemnitz von Gleis 4 fahren soll, einer nach Dresden kurz darauf von Gleis 2. Jubel und Applaus branden auf.
21:20: Der Chemnitzer RE erscheint, einige Fahrgäste dorthin wechseln in den 612er.
21:25: Der Dresdner RE taucht auf, es gibt noch freie Plätze, die recht rasch besetzt sind. Der Chemnitzer steht auch noch eine Weile am Bahnsteig, um 21:34 setzen wir uns auch mal in Bewegung.
Unterwegs wird die Verspätung weiter ausgebaut, Plauen +138, Zwickau + 140.
22:57: Ankunft mit +142 in Glauchau. Weil vor uns eine Baustelle mit eingleisiger Betriebsführung liegt, geht es erstmal nicht weiter, weil dort ein Zug liegengebliebe sei. Dürfte wohl der Chemnitzer sein, damit zweiter defekter 612er heute.
23:40: Nachdem wir bereits eine halbe Stunde in Glauchau stehen, packt einer seine Gitarre aus und beginnt zu spielen.
23:45: Eine Mitreisende meint, dass, wenn sich bis 12 nix tue, es erst wieder um 6 weiterginge. Joa, noch eine Viertelstunde Zeit

00:00: Es hat sich immer noch nichts getan, der KiN von Regio an der Dosto-Garnitur gegenüber kann wohl sicher auch nicht sagen, wann es weitergeht. Seit einer Stunde hat sich an unserer Position nichts geändert, nur ein paar Fahrgäste sind ausgestiegen. Ich bin nun seit ziemlich exakt 11 Stunden unterwegs, andere Reisende berichten von 14 Stunden.
00:07: Lemontree wird angestimmt, wohl zum ersten Mal, wie die Unsicherheit beim Refrain verrät

00:21: Protokoll fast vervollständigt, es tut sich nix, auch die Musik wurde wieder eingestellt. Mal nochmal Musik hören, bevor der Laptopakku in die Knie geht. Led Zeppelins Kashmir hört sich passend an

00:28: Draußen fliegen Schneebälle, drinnen machen sich Fahrgäste auf, das sinkende Schiff bzw. den stinkenden Triebwagen zu verlassen. Naja, hier ist´s wenigstens warm, ich hab keinen Bock rauszugehen. Nur Akku unter 10 %

00:34: Nach einem Gang zum schon nicht mehr funktionierenden Klo kommt endlich die erlösende Meldung, dass es demnächst weitergehen soll. Der havarierte vorausfahrende Zug ist endlich aus dem Weg. Jubel und Applaus.
00:42: Das schon nicht mehr für mögliche gehaltene tritt ein: Nach 1,5 h setzt sich der Zug wieder in Bewegung.
00:59: In St. Egidien erreichen wir mit +254 den Beginn der eingleisigen Betriebsführung. Wir warten noch einen Gegenzug ab.
1:15: Wir erreichen Chemnitz und es wird sogar noch ein Zug für alle Zwischenhalte nach Chemnitz eingesetzt, die von uns nicht bedient werden.
01:25: Erstmals lässt sich auch Zugbegleitpersonal blicken und fragt wegen Reiseverbindungen über Dresden hinaus. In einer zweiten Runde gibt der Schaffner die Verbindungen den Fahrgästen durch und verteilt Bestätigungen für die Verspätung. Bei einzelnen Zwischenhalten wird die Verspätung angesagt. Einzelne Sitzplätze sind sogar auch wieder frei, weil der Halt in Glauchau von einigen Fahrgästen zur Organisation von Alternativen genutzt wurde.
02:15: Mit Tharandt wird nun S-Bahn-Einzugsgebiet (wenn man mal die Verstärker-S 30 nach Freiberg außen vorlässt) erreicht, wir können unsere Verspätung noch etwas ausbauen.
02:30: Nach 13,5 h Bahnodyssee darf ich den erwünschten Bahnsteig des Dresdner Hauptbahnhofs erreichen. Die Stimmung ist gelöst, sauer ist wohl niemand mehr, alle wohl froh, noch angekommen zu sein. + 270 beträgt unsere Ankunftsverspätung. Wohl leider nicht in Erfahrung zu bringen sein wird die Ankunftszeit derjenigen, die noch nach Cottbus weiter wollte.
02:40: Nach einem Fußmarsch mit Rollenkoffer über holprigen, aber fest-vereisten Gehwege erreiche ich endlich mein Wohnheim, 14 h nachdem ich das elterliche Haus verlassen habe. Geschafft

Grüße, Hannes