Betriebssicherheit 2-Leiter auf Mittelleitergleisen

Worauf die Züge rollen, insbesondere mit und ohne Mittelschleifer zugleich
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Peter Müller
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Betriebssicherheit 2-Leiter auf Mittelleitergleisen

Beitrag von Peter Müller » 25 Mai 2012 01:31

Es gibt mittlerweile einen recht reichhaltigen Erfahrungsschatz von Betrieb mit 2-Leiter-Rollmaterial auf Mittelleiter-Gleisen, insbesondere dem Märklin-C-Gleis.

Kurz ein Ausflug in die Problematik: die Geometrie von Radsätzen und Gleisen ist nicht gleich. Sie ändert sich zudem, zuletzt wurden im Jahre 2009 die Normen nach NEM neu definiert. daraus ergeben sich folgende "offiziellen" weit verbreiteten Standards:

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Das Märklin-C-Gleis wurde erfunden, als die beiden unteren Normen NEM 340 und NEM 310 (1977) gültig waren. Die damals großen 2-Leiter-Hersteller (Fleischmann, Roco, Trix) gingen an die untere Toleranzgrenze der NEM 310 und Märklin an die obere Toleranzgrenze der NEM 340. So traf man sich bei einem Maß "K" von 15.0 Millimetern. Das Radsatz-Innenmaß "B" von 14.3 Millimetern wurde oft in Kombination mit einem breiteren Spurkranz unterschritten. Typische Vertreter dieser Zeit sind die Fleischmann-Schüttgutwagen 5520, die entsprechend betriebssicher auch auf Mittelleitergleisen rollen, sofern sie noch ihre Original-Radsätze haben.

Je moderner das Rollmaterial wird und/oder je exotischer aus deutscher Sicht die Hersteller sind, um so weiter sind die Radscheiben bei 2-Leiter-Radsätzen auseinander. Sprich, dass Maß "K" (also Radsatzinnenmaß + die Breite eines Spurkranzes) wird immer größer. Recht schnell erreicht man dann einen Zustand, bei dem die Räder an den Herzstücken der Weichen aufklettern, insbesondere bei den normalen Weichen mit 24° Abzweigwinkel und da noch mal verschärft bei den Doppelkreuzungs- und Dreiwegweichen.

Auf Spurkranzhöhe, Kleineisen, Spurkranzauflauf etc. möchte im Einführungsbeitrag noch nicht eingehen, mal schauen, wen das alles interessiert und wer sich hier noch mit einbringt.

Langer Rede kurzer Sinn: bunt gemischtes 2-Leiter-Rollmaterial entgleist, wenn es in normalen C-Gleis-Weichen den abzweigenden Ast nehmen soll. Es sollte nur über den geraden Strang geführt werden. Wenn man mit 2-Leiter-Rollmaterial in einer Weiche abzweigen will, empfehlen sich die schlanken C-Gleis-Weichen.

Beim zuletzt durchgeführten Teppichbahn-Treffen Möhnesee I war demnach im Bahnhof Frechen auf den beiden rot eingezeichneten Gleisen ein einiger Maßen sicherer Betrieb auch mit 2-Leiter-Waggons zu erwarten. In Norbertshausen und Vinceburg waren schlanke Weichen verbaut, die waren demnach nicht kritisch. Plettenberg war nativ 2-Leiter und Felixburg wurde nur von Mittelleiter-Rollmaterial angefahren.

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Der Bahnhof von Guido beim TB Lüneburg II und seine beiden 2-Leiter-Durchfahrtsgleise.

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Wer sich mit diesen Bedingungen nicht zufrieden geben will, kann Hand anlegen und sein Rollmaterial optimieren. Mit einem Radsatzrichtgerät und einer Schieblehre lassen sich fast alle Radsätze auf ein Märklin-C-Gleis-verträgliches Maß einstellen.

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Die Radsätze laufen dann nicht nur über die normalen C-Gleis-Weichen problemlos, sondern auch auf den profanen 2-Leiter-Gleisen wie Roco GeoLine, RocoLine, Fleischmann Profigleis oder Trix-C-Gleis. Bei Tillig Elite oder Peco beginnt die Sache kritisch zu werden. Aber das sind Gleise, mit denen man auf Teppichbahn-Treffen fast nie Kontakt hat und deshalb kenne ich mich da nicht mehr aus. Ich möchte nur auf dieses mögliche Problem hinweisen.


Nachtrag: die Modelleisenbahn Holding GmbH hat mir auf Anfrage bestätigt, dass man bei den Radsätzen nichts ändern möchte - sprich dem Separierungsversuch von 2009 nicht folgt. Im Katalog stehen auch immer noch die 14.3 Millimeter von 1977 drin.
Grüße, Peter


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Re: Betriebssicherheit 2-Leiter auf Mittelleitergleisen

Beitrag von Trainspotters » 17 Dez 2015 06:25

Meine 2 Cents dazu, da ich mittlerweile wohl so ziemlich die größten Erfahrungen mit diesem Problem habe und dafür ja sogar schon eigens habe "TB-Radsätze" anfertigen lassen.

In der Regel ist C-Gleis unproblematisch, so lange der Radsatz nach der NEM 310 von 1977 gefertigt ist. Jedoch kenne ich von fast allen Herstellern böse "Ausreißer" nach oben, die teilweise noch nicht einmal mehr über Zweileitergleise laufen. Tillig Elite ist ist dabei eigentlich unproblematisch. Auch dort hält man sich an die NEM von 1977. Die besondere Konstruktion der Herzstücke, die vorbildgerecht ohne Spurkranzauflauf im Herzstückbereich auskommt, erfordert jedoch ein recht genaues Einhalten der Norm, da sonst der Radsatz nicht mehr sauber durch das Herzstück geführt wird. 14,3 mm Radsatzinnenmaß sind für das Elitegleis aber kein Problem. Meine TB Radsätze sind auf Tillig Elite getestet und durchfahren diese Weichen anstandslos, ebenso wie jedes M-Gleis.

Auch lassen sich Weichenherzstücke, auf denen enger gepresste Radsätze klemmen entsprechend bearbeiten. Anders ist es, wenn Radsätze so weit eingestellt sind, so dass der Radlenker sie nicht mehr sauber durch das Herzstück führt und so der Spurkranz im Herzstück aufklettert und so das Fahrzeug entgleist. Hier kann nichts abgetragen werden, sondern der Radsatz muss enger eingestellt sein.

Peco Gleis kommt aus England und hält sich ebenfalls an die NEM 310 von 1977. Auch hier habe ich bisher keine Probleme mit eng eingestellten Gleichstromradsätzen gehabt.

Die sehr gute Fehlertoleranz bei Gleislagefehlern und vor allem seitlichem Versatz des Schienenstoßes, bei Märklinradsätzen, kommt durch eine besondere Ausrundung der Spurkranzspitze, die den Radsatz an leichten Kanten mühelos vorbeigleiten lässt, wo ein Roco Radsatz schon längst den Weg aus dem Gleis findet. Klar, dass ich das in meine TB-Radsätze mit übernommen habe und so meine TB-Radsätze auf M-Gleis sauberer laufen, als so manches moderne Märklin Fahrzeug.

Fazit: Soll ein Gleichstromradsatz auf Märklin C-Gleis laufen, muss man in der Regel nichts daran verändern. Machen gewisse Fahrzeuge Probleme, ist das Radsatzinnenmaß zu kontrollieren und gegebenenfalls einzustellen. Sollte das Maß aber in Ordnung sein, muss man wissen, das die steilen Weichen im R2 abzweigen, was relativ eng ist. Hier können unter Umständen auch Kräfte, die über die Kupplung übertragen werden, das Fahrzeug zum entgleisen bringen oder eine durchhängende Kupplung, die an den Pukos der Weiche hängen bleibt. Nicht immer ist der Radsatz also der Schuldige. Es gibt auch Fahrzeuge - meistens große Dampfloks -, die sind erst ab Radien von 500 mm und mehr einsetzbar. Diese kommen konstruktionsbedingt natürlich auch nicht durch den R2.

Bei M-Gleis gibt es massenhaft Probleme, die nur durch einfaches Pressen der Radsätze nicht alle lösbar sind: Bei M-Gleis passt kaum ein Schienenstoß zu 100%. Hier ist also entweder beim Aufbau extrem darauf zu achten, dass die Schienen wirklich fluchten, oder aber es braucht einen fehlertoleranteren Radsatz, und da fallen die meisten Zweileiterradsätze völlig durch.
Mein Motto: Verbinden statt spalten. Das geht nicht ohne Toleranz...
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